Vortragende beim Roundtable Klimaneutralität (v.l.n.r.): Christian Kornherr (VKI), Hanna Schreiber (Umweltbundesamt), Christian Palmetzhofer (BMSGPK), Barbara Schmon (BMK), Günter Getzinger (AG Klimaneutral), Raphael Fink (VKI)
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Nachlese: Roundtable Klimaneutralität

Unter dem Titel „Zwischen Greenwashing und fundierter Kommunikation“ hat der VKI am 7. September 2022 im Auftrag des Klimaschutzministeriums zu einem Roundtable zum Thema Klimaneutralität geladen. Nach thematischen Inputs gab es eine konstruktive Diskussion mit spannenden Erkenntnissen. 

Klimaneutralität als Aufreger

Rund ein Viertel der beim VKI Greenwashing-Check einlangenden Meldungen betreffen Werbeaussagen (Claims) wie klima- oder CO2-neutral. Besonderen Ärger verursachen dabei Werbeaussagen von Unternehmen, deren Kerngeschäft nicht gerade mit Klimaschutz in Verbindung gebracht wird – etwa bei Erdöl produzierenden Konzernen. Doch nicht immer ist die Diskrepanz zwischen Behauptung und Wahrheit so offensichtlich – was für Konsument:innen diesen Claim auch so kritisch macht, ist ihnen Klimaneutralität laut diversen Umfragen zufolge doch ein Anliegen beim Einkauf. Daher lud der VKI im Auftrag des Klimaschutzministeriums zu einem Roundtable zu diesem Thema ein.

Vortrag zu Greenwashing durch den VKI (Copyright: VKI) Rege Diskussion beim Roundtable Klimaneutralität

Großes Interesse…

36 Teilnehmer:innen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Zivilgesellschaft und öffentlicher Verwaltung kamen zusammen, um sich zum Begriff „Klimaneutralität“ auszutauschen. Nach der Begrüßung durch den VKI folgten Fachvorträge zu Greenwashing (VKI), der aktuellen Gesetzeslage (Sozialministerium), anstehenden EU-Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Gesetzeslage (Klimaschutzministerium), der geplanten ISO Norm zur Klimaneutralität von Unternehmen (Umweltbundesamt), sowie die Sichtweise der Wissenschaft (AG Klimaneutral des Climate Change Center Austria).

…konstruktive Diskussion

Rasch drehte sich die Diskussion um das zentrale Thema CO2-Neutralisation durch Kompensation und die damit verbundenen Fragestellungen und Herausforderungen:

  • Wie lassen sich seriöse Anbieter identifizieren und wie kann man sicher gehen, dass damit tatsächlich nur mehr unvermeidbare Emissionen kompensiert werden?
  • Wie ist sichergestellt, dass seriös berechnet wird und auch gewährleistet werden kann, dass die Kompensation dauerhaft ist? Sind biobasierte Kompensationsmechanismen und technologische Carbon-Removal-Projekte gleichwertig zu betrachten?
  • Wie lässt sich das Risiko von Greenwashing auch für Unternehmen reduzieren? Reichen Maßnahmen zu mehr Transparenz und verbesserter Dokumentation aus, oder braucht es weitere Instrumente oder Regulative?
  • Welche Anforderungen muss an „Kompensationskommunikation“ gestellt werden? (z.B. erst ab einem bestimmten Reduktionsanteil das Wort klimaneutral verwenden?)

Entsteht das Problem erst durch falsche Kommunikation? In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage nach der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage - statt freiwilligen Commitments - aufgeworfen.

Forderungen der Wissenschaft

Seitens der Wissenschaft wurde einmal mehr auf die Notwendigkeit einer „radikalen Reduktion“ der unternehmensbezogenen Treibhausgasemissionen (inklusive Berücksichtigung der Scope-3-Emissionen) hingewiesen, um zu einer konkaven Reduktionskurve zu gelangen. Anfangs müssen die Reduktionen zunächst viel steiler nach unten gedrückt werden, um dann langsam abzuflachen – auch um die Sozialverträglichkeit bzw. gesellschaftspolitischen Auswirkungen im Auge zu behalten. Dafür seien jedenfalls weitere und tiefgreifendere Maßnahmen notwendig.

„Wo ist der Euro am besten aufgehoben?“

Zur Ansicht, dass Kompensation kein ideales Instrument ist, bestand rasch Einigkeit. Wichtiger als diese sei „radikale Reduktion“. Die im Zuge von Kompensationsmaßnahmen („Offsetting“) verwendeten Geldmittel wären im eigenen Wirkungsbereich („Insetting“) besser und sinnvoller investiert – nicht nur, was die faktische Reduktion der Treibhausgase betrifft, sondern auch unter ökonomischen Gesichtspunkten.

Gewonnene Einsichten, positives Feedback

Unbestritten braucht es für Unternehmen klare Zielsetzungen - aber nicht alle Lösungsansätze eignen sich gut für Marketingmaßnahmen: ein Spannungsfeld, dass es auch zukünftig besser zu lösen gilt, resümierte der VKI in seinem Abschluss-Statement .

Die Vernetzung und der Wissensaustausch zwischen verschiedenen Anspruchsgruppen wurde als positiv und unterstützend wahrgenommen und wird gerne weiterverfolgt.