Der lange Weg zum Naturtextil
Der Weg vom Anbau einer Naturfaser bis zur Kleiderstange ist mit ökologischen und sozialen Auswirkungen gepflastert. Bis das gute Stück im Kleiderschrank landet, geht es durch unzählige Hände und durchläuft viele Arbeitsschritte unter intensivstem Einsatz von Chemikalien.
Erstmals werden in der neuen Umweltzeichen-Richtlinie „Textilien“ neben umwelt- und gesundheitsrelevanten Kriterien auch soziale Aspekte berücksichtigt.
Um als Naturtextil ausgezeichnet zu werden, muss jeder Verarbeitungsschritt lückenlos kontrolliert werden. Eine Faserpflanze nach biologischen Kriterien anzubauen ist ein guter Anfang. Bis hier her ist die Kontrolle noch einfach. Doch die Reise der Biofaser zum Spinnen, Bleichen, Färben, Bedrucken, Nähen usw. zieht sich meist über mehrere Länder, durch viele Hände und unzählige Chemiebäder.
Die Zahlen sprechen für sich: Weltweit werden jährlich ca. zwei Millionen Tonnen Textilhilfsmittel, zwei Millionen Tonnen Säuren, Laugen und Salze und ca.250.000 Tonnen Farbstoffe verbraucht. Im Durchschnitt fließen 90 Prozent der eingesetzten Chemikalien und Textilhilfsmittel sowie 20 Prozent der eingesetzten Farbstoffe ins Abwasser. Das sind enorme Mengen!
Bei der ökologischen Textilherstellung dürfen - wenn erforderlich - nur natürliche und leicht abbaubare Substanzen zum Einsatz kommen. Ebenso werden zum Färben schonendere Substanzen verwendet, als bei herkömmlichen Textilien. Sie müssen schwermetallfrei und toxikologisch unbedenklich sein. Formaldehyd ist ganz verboten. Um eine lückenlose Kontrolle gewährleisten zu können, muss jeder einzelne Schritt der Textilerzeugung genau überprüft werden.
Die Kriterien des Österreichischen Umweltzeichens schließen gesundheits- und umweltgefährliche Substanzen in der Weiterverarbeitung aus. Es wurden strenge Anforderungen in den Verarbeitungsstufen (Vliesherstellung, Vorbehandlung, Färben, Bedrucken und Veredeln), bezüglich der Abbaubarkeit der eingesetzten Textilhilfsmittel und ihrer Auswirkungen auf Abwasser und Abluft definiert. Am Endprodukt finden entsprechende Prüfungen statt.
Made in Bangladesch
Ein Großteil der Kleidung, die wir in den Industrieländern kaufen, wird in Billiglohnländern unter miserablen Arbeitsbedingungen gefertigt. Kinderarbeit, niedrigste Löhne, die Liste der dunklen Seite unseres lässigen Outfits ist lange. In Dhaka, der Hauptstadt von Bangladesch, leben 12 bis 14 Millionen Menschen, ein Großteil davon in Slums. Es gibt keinen Strom, die Abwässer landen ungefiltert im See. Dennoch zahlen die Bewohner für die Unterkunft in den Hütten die Hälfe ihres Lohns. Sie arbeiten in den angrenzenden Bekleidungsfabriken. Der Mindestlohn reicht nicht aus, um genügend Gemüse, Fleisch und Fisch zu kaufen, die Kinder in die Schule, statt in die Fabriken zu schicken und die Miete zu zahlen. „Sieben-Tage-Wochen, unbezahlte Überstunden bis spät in die Nacht, Kinderarbeit und grobe Sicherheitsmängel in den Fabriken sind keine Seltenheit.“, bestätigt die Südwind Aktivistin Christina Schröder.
Immer wieder finden Arbeiter den Tod aufgrund von Sicherheitsmängeln in Textilfabriken. Versperrte Haupteingänge hindern sie am Flüchten, wenn es zu Bränden kommt. Die Angst davor, dass etwas gestohlen wird, ist größer, als die Verantwortung für Menschenleben. Eines der bisher größten Unglücke in Bangladesch war der Einsturz des Gebäudekomplexes Rana Plaza am 24. April 2013, wo in fünf Fabriken für den internationalen Modemarkt produziert wurde. 1.138 Menschen kamen dabei ums Leben.
Wir, als Konsumenten und Konsumentinnen haben es in der Hand: Mit einem bewussten Einkauf können wir zumindest einen Teil dazu beitragen, dass soziale und ökologische Verantwortung in der Textilindustrie keine Fremdwörter bleiben. Eine Orientierung beim Einkauf bietet das GOTS-Gütesiegel, das auch soziale Kriterien berücksichtigt. Ebenso müssen nach dem Österreichischen Umweltzeichen für Textilien neben Umwelt - und Gesundheitskriterien auch die Arbeitsrechte eingehalten werden. Das wird – neben der GOTS-Zertifizierung - über eine Mitgliedschaft des Herstellers bei der Fair Wear Foundation oder der Ethical Trading Initiative nachgewiesen.